Die Ordensschnalle einer “Schwester” mit dem Marienkreuz
Das Marienkreuz - Kriegsverdienstkreuz für Frauen und Jungfrauen - wurde erst recht spät im 1.Weltkrieg; am 10.01.1918 durch Herzog Friedrich II. gestiftet.
Die Schaffung einer speziellen Frauen- Auszeichnung für Kriegsverdienste wurde in Anhalt bereits seit 1915 verfolgt, allerdings sträubte sich der Herzog bis Oktober 1917 dagegen. Nachdem ein Großteil der deutschen Bundestaaten Auszeichnungen speziell für Frauen bzw. für beide Geschlechter stifteten, gab der Herzog seinen Widerstand auf und schuf als vorletzter deutscher Fürst ein entsprechendes Ehrenzeichen.
Der letzte in der Runde war der Schwarzburger Fürst mit dem kurz darauf, am 19.02.1918, gestifteten Anna- Luisen- Verdienstzeichen.
Ausgezeichnet mit dem Marienkreuz wurden Frauen und Jungfrauen für Verdienste in der Pflege verwundeter und kranker Soldaten oder für sonstige aufopfernde Tätigkeiten in der Kriegsfürsorge.
Unser Altmeister der anhaltinischen Ordenskunde Gerd Scharfenberg hatte beim Verfassen seines Grundlagenwerks aufgrund der mangelnden Aktenlage noch über tatsächliche Verleihungen des Marienkreuzes spekulieren müssen. Mittlerweile ist dank weitere Bemühungen Scharfenbergs und Eike Lehmanns die nur 63 Namen beinhaltende Trägerliste des Marienkreuzes „ans Licht gekommen“ und steht uns auf der Website der DGO zur Verfügung.
Abb 1: Typische Damenschleife
Die Kreuze sollen vom Hofjuwelier Heinzelmann aus Dessau entworfen und hergestellt worden sein. Sie sind aus versilberter Bronze, ca. 35,5 mm breit und ca. 9,7 g schwer.
Die Vorderseite zeigt auf dem oberen Kreuzarm eine kleine 5-bügelige Krone, auf dem unteren Kreuzarm die Jahreszahl 1918. Das runde Mittelschild mit erhöhtem, glatten Rand zeigt die ineinander verschlungenen Buchstaben M und F für Herzogin Marie und Herzog Friedrich. Das rückseitige Mittelschild zeigt das anhaltinische Wappen. Das Band ist 25 mm breit, dunkelgrün, mit 2 weißen, 1 mm breiten Seitenstreifen.
Bei der vorliegenden großen Ordensschnalle treffen mehrere für mich interessante Aspekte aufeinander. Zum einen ist ein Marienkreuz von Anhalt per se nur sehr selten anzutreffen; zum anderen ist es für eine weibliche mit Orden bzw. Ehrenzeichen Beliehene auch ungewöhnlich, diese anstatt an den üblichen Damenschleifen als Ordensschnalle zu tragen.
Schaut man sich die Liste an, überrascht der Kreis der Beliehenen nicht. Neben einigen wenigen Damen des regierenden Hochadels aus Anhalt, Baden und Württemberg finden sich hauptsächlich karitativ tätige Damen, von der Hilfsschwester bis zur Oberin. Sympathisch an diesen Verleihungen ist, dass das Kreuz da ankam, wo es hingehörte, nämlich die Aktiven vor Ort. Die sehr wenigen Verleihungen an die Damen des Hochadels hatten schlicht verwandtschaftliche Gründe; Charlotte von Württemberg wie auch Hilda von Baden waren Töchter anhaltinischer Prinzessinnen.
Abb. 2: Detailaufnahme des Marienkreuzes VS
Eine Trägerinnen- Bestimmung wäre sicher reizvoll, diese wurde allerdings leider erfolglos abgebrochen.
Hinterließen Offiziere und Beamte regelmäßig eine durch Ranglisten und Staatshandbücher nachvollziehbare Papierspur, so trifft dies auf die Damenwelt leider kaum zu. Die neben dem Marienkreuz vorhandenen Auszeichnungen in Form der beiden preußischen Rothe-Kreuz-Medaillen wurden insbesondere im Weltkrieg zu zigtausenden verliehen. Auch etliche Verleihungen derartiger Medaillen an unsere Damen in der Marienkreuzliste lassen sich anhand des Anhaltinischen Staatsanzeigers und auch des Deutschen Reichs- und kgl. Preuß. Staatsanzeigers nachvollziehen. So erhielt z.B. Frau Dr. Sonja Kraemer, geb. v. Schelking aus Dessau bereits im Mai 1915 die Medaille der 3. Klasse.
Abb. 3: Detailaufnahme des Marienkreuzes RS
Als belastbares Ausschusskriterium taugen diese Spuren allerdings nicht. Verleihungen der Rothe-Kreuz-Medaillen erfolgten bis in die 20er Jahre hinein und wurden nach 1918 wohl nirgends mehr vollständig publiziert.
Die an der Schnalle befindlichen Dekorationen lassen uns allerdings ein wenig spekulieren.
Abb. 4: Große Ordensschnalle mit Kriegsteilnehmerkreuz, Treudienstehrenzeichen für 25 Dienstjahre, Preuß. Rothe-Kreuz-Medaille 2. und 3. Klasse, Anhalt Marienkreuz, allerdings am inkorrekten Band
Kriegsteilnehmerkreuz und Treudienstauszeichnung weisen auf eine Dame im Staatsdienst hin, somit fallen die zahlreichen Hilfsschwestern und Helferinnen wohl als potentielle Trägerinnen aus.
Die Positionierung des Marienkreuzes an allerletzter Stelle legt die Vermutung nahe, dass die Trägerin eben keine Anhaltinerin war, sondern vielleicht im Preußischen zu finden wäre. Die Schwestern Lucie Kapfer und Käthe Leidiger aus Posen und Schwester Margarethe Nehring aus Berlin-Lichterfelde würden als einzige in dieses Raster fallen.
Anmerkungen:
1) Siehe: Lehmann, Eike und Scharfenberg, Gerd; „Das Herzoglich Anhaltische Marien-Kreuz von 1918. Ein Kriegsverdienstkreuz für Frauen aus der Zeit des Ersten Weltkrieges“ In: Orden und Ehrenzeichen - Das Magazin für Freunde der Phaleristik Nr. 73 (Juni 2011). S. 157ff
2) Siehe: Scharfenberg, Gerd; „Die Orden und Ehrenzeichen der Anhaltischen Staaten“, S.298ff, Offenbach 1999
3) https://www.deutsche-gesellschaft-fuer-ordenskunde.de/DGOWP/links/verleihungslisten/anhalt
Bildnachweis:
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1: mit freundlicher Genehmigung der Antiquitätengalerie Porzich, Potsdam